Wandern im goldenen Herbst am Nockberge-Trail
Die Stille des Wanderherbstes am Nockberge Trail ©Trail Angels
Was macht nun das Unvergleichliche dieser Herbsttage aus? Dazu wollen wir uns auf einen Trail begeben, der sich ganz besonders eignet, um diese Tage beschreiben zu können – unser Trail quer durch den UNESCO Biosphärenpark Nockberge. Während im Westen die Hohen Tauern und im Süden die Karawanken noch eine fast jugendliche Schroffheit ausstrahlen und von deren Gipfeln der erste Schnee zu uns her glänzt, ruhen die Nockberge mit ihren sanft gerundeten Bergen und Kuppen wie weise Riesen in sich selbst. Hier kann man nun über ruhige Almen, durch goldene Zirbenwälder, auf atemberaubend aussichtsreichen Kämmen, von einem Gipfel zum nächsten mit schier grenzenlosen Panoramen wandern. Eine wahrlich gute Wahl, um innerhalb weniger Tage zu erden und die Ruhe und Gelassenheit der Nockberge in sich aufzusaugen.
In den Morgenstunden schleiert es noch weiß durch die Waldhänge und es riecht nach feuchter Erde. Der Geruch ist ausgeprägt in meiner Erinnerung ferner Tage. Wie liebe ich den Duft des Laubes, des nassen Holzes und der Zirben Harz. So an meine Kindheit erinnert, suche ich nach Elfen und Waldgeistern in dieser zauberhaften Natur und manchmal habe ich Glück und entdecke ein Waldwesen in einer Baumrinde oder in einer vergessenen Blüte.
Das Unvergleichliche dieser Herbsttage hier oben auf den Nocken liegt wohl auch im Farbenspiel der Blätter und Nadeln begründet, von golden über rot, gelb, braun, orange bis hin zum grün. Die tiefroten Blätter des Almrauschs verabschieden die letzten warmen Tage. Alles was sich dem Gelb verspricht, glüht irgendwie Abschied aus. Von dieser Farbenpracht nehme ich mit meinen Augen quasi Vorrat mit für die kalten, weißen Tage.
All diese Farben könnten aber nicht glänzen ohne dieses besondere Licht. Es ist diese unvergleichliche Schärfe zwischen Licht und Schatten, die wir der tiefstehenden Sonne verdanken. Der winzige Körper eines jeden Insekts strahlt in seinem Flug durch die mit gelben Licht gefüllte Luft. In diesem warmen Sonnenlicht brennen die Lärchen golden vor dem Schwarz des Gegenhangs. Die Bäume werfen lange Schatten im leisen Ton und süßem Duft. Dazwischen Lichtinseln auf feuchten Moospolstern. Zeit spielt keine Rolle mehr und ich ahne die Ewigkeit des Augenblicks.
Weit oben fliegen die Wildgänse gegen Süden und während ich sie beobachte, verlieren sich meine Gedanken. Am Almboden freuen sich noch die Falter in den letzten warmen Sonnenstrahlen. Neugierig äugen zwei Gämsen vom nächsten Kamm zu mir herüber. Wenig später zieht ruhig ja fast majestätisch ein Adler seine Kreise in den dunkelblauen Himmel. Die Spinnen weben gleich Elfenschleier silberweiße Netze in die Sträucher, behangen mit morgendlichem Tau. Im Gegenlicht der aufgehenden Sonne werden sie uns in ihrer unglaublichen Schönheit geschenkt, sofern wir sie wahrnehmen können.
Wandern auf den sanften Gratkämmen in diesem wärmenden Licht über weiß gleisenden Nebelmeeren der Täler. Später am Tag, wenn die Sicht klarer wird, flimmern Bäche silbern und still vom Tal herauf. Am Horizont walgt eine dicke Wolkenwalze gleich Schnee im Fönsturm über die Julischen Alpen. Wolken jagen jetzt über den schwarzblauen Himmel. Mal lispelt der Wind zart durch die Almgräser, mal bläst er steif in mein Haar. Nun weht ein frischer Herbstwind über die Kämme. Er rauscht durch die Baumwipfel der Zirben und Tannen und hebt Blätter in den Himmel. Ich sauge die frische Luft in meine Lunge und atme mit dem Wind gleich.
Dieser Wind bläst all die schweren Gedanken aus meinem Kopf. Er zerrt an mir und ich lasse die Sorgen mit ihm gehen. Wenn ich gegen Norden wandere und er bläst vom Süden, so werde ich von ihm angetrieben und ich schwebe mehr als ich gehe. Auf diesen Kämmen fühlt man sich dann einem Vogel gleich. Der Weg führt mich entlang eines Weidezauns mit seinen ausgebleichten, ja bizarr weißen Holzlatten. Der angerostete Stacheldraht liegt schon am Boden, bereit für den Winter. Dazu fällt mir ein Gedicht von Monika Minder ein: „Sterbendes abwerfen, damit die untergehende Sonne im Frieden der Liebe die milden Tage ehren kann.“
Die Schatten kriechen nun früher in die Täler, während hier oben noch die Sonne wärmt. Zu Ende glüht ein goldener Tag. Der Abendhimmel färbt sich mit roten Schlieren und es verblassen langsam auf meinem Gesicht des Abends Flammen. In den letzten Sonnenstrahlen funkeln Tropfen wie Glasperlen an feinen Spinnfäden. Die Luft kühlt merklich ab und die Dunkelheit bricht schnell herein. Ich steige nun Richtung Hütte ab und im Dunkel heißen mich die Lichter der Dörfer willkommen. Mit mattem Blinzeln nur durchleuchtet ein Stern die nebeltrübe Luft.
Ein silberfarbenes Nachtgewand ummantelt nun Berg und Tal. Die Luft wird rau und nebelnass. Ich habe mich aber den ganzen Tag verwöhnen lassen von diesem Himmelblau und Sonnengelb und mit meinen Augen einen Farbenspeicher in mir angelegt. Goldenes Licht füllt mir das Herz. Jetzt freue ich mich auf die warme Hütte, die freundlichen Menschen, den warmen Tee und die wohlverdiente Jause.
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Autor
Werner Mussnig
Der habilitierte Wirtschaftswissenschaftler ist seit jeher zwischen der Welt der Wirtschaft & seinen Hobbies Klettern & Trekking hin und hergerissen. Wobei Werner jetzt immer mehr in das Universum von Bookyourtrail eintaucht.
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